Das San-Vittore-Gefängnis in Mailand, das auf dem ehemaligen Kapuzinerkloster San Vittore agli Olmi errichtet wurde, spielte während der faschistischen Besatzung (September 1943 – April 1945) eine zentrale Rolle bei der politischen Unterdrückung und der Deportation in die Konzentrationslager der Nazis. An der Piazza Filangieri gelegen, wurde sie zu einem der wichtigsten Haftorte für politische Gefangene, Partisanen, Streikende und Juden, die für die Vernichtungslager bestimmt waren. Nach der deutschen Besetzung am 12. September 1943 beschlagnahmte die SS drei Trakte des Gefängnisses: Trakt IV und VI für politische Gefangene und Trakt V, der so genannte „verfluchte Trakt“, für Juden. San Vittore wurde zu einem regionalen Konzentrationslager, in dem die in Mailand, in benachbarten Städten wie Genua und Turin oder an der Schweizer Grenze verhafteten Juden gesammelt wurden. Von hier aus gingen die Transporte in die Nazilager oder in die Durchgangslager von Fossoli und Bozen. Die Leiter des deutschen Teils des Gefängnisses waren Helmuth Klemm, dann Leander Klimsa und schließlich Franz Staltmayer, der wegen seiner Brutalität den Spitznamen „die Bestie“ erhielt. Staltmayer ging mit einer Peitsche bewaffnet und in Begleitung eines Wolfshundes, den er auf die Insassen hetzte, durch die verschiedenen Trakte. Neben der SS arbeiteten auch italienische Agenten wie Manlio Melli und Dante Colombo vom Ufficio politico investigativo (Politischen Untersuchungsamt) der Guardia Nazionale Repubblicana (Republikanischen Nationalgarde), die die Verhafteten folterten und misshandelten. Die in San Vittore inhaftierten Juden wurden zunächst in eiskalten Zellen im obersten Stockwerk des 4. Trakts eingesperrt. Es bildete sich im Winter 1943-44 dort auch Eis auf dem Boden. Als die Zahl der Verhaftungen zunahm, wurden sie in den Trakt V verlegt, zu jeweils zwanzig Personen in bereits überfüllte Gemeinsschaftszellen. Die Lebensbedingungen waren dramatisch: den Juden wurden die wenigen Rechte verweigert, die anderen Häftlingen zugestanden wurden, wie z. B. Freigang, medizinische Versorgung und die Möglichkeit, Pakete oder Briefe zu erhalten. Die Verhöre, die oft im „Refektorium“ im Erdgeschoss stattfanden, beinhalteten physische und psychische Gewalt, um Informationen über versteckte Verwandte zu erpressen. Fünfzehn Transporte in die Vernichtungslager gingen vom Gefängnis San Vittore aus. Der erste nach Auschwitz erfolgte am 6. Dezember 1943 und der letzte nach Bozen am 15. Januar 1945. Viele Arbeiter aus dem Industriegebiet von Sesto San Giovanni wurden aus politischen Gründen deportiert. Auch Persönlichkeiten wie Liliana Segre und ihr Vater Alberto durchliefen San Vittore, bevor sie nach Auschwitz deportiert wurden. Trotz der harten Bedingungen fehlte es nicht an Episoden der Solidarität und des Widerstands. Schwester Enrichetta Alfieri, die den Spitznamen „Engel von San Vittore“ trug, half politischen Gefangenen und Juden, indem sie als Verbindungsglied zur Außenwelt fungierte und die Flucht ermöglichte. Auch Ärzte wie Gatti und Giardina retteten Insassen vor der Deportation. Während des Aufstands vom 25. April 1945 kam es im Gefängnis zu einem Aufstand der politischen Gefangenen, der dank der Partisanen der Matteotti-Brigaden mit der Freilassung der Gefangenen endete. San Vittore war Schauplatz unzähliger Grausamkeiten, aber auch von außergewöhnlicher Menschlichkeit. Die Insassen zeigten sich trotz aller Schwierigkeiten solidarisch mit den Juden, die für die Konzentrationslager bestimmt waren, wie sich Liliana Segre erinnert: „Die Insassen, die uns gehen sahen, begrüßten uns, indem sie uns das Wenige, das sie hatten, zuwarfen: Orangen, Äpfel, ein paar Schals und vor allem ihren Segen“. Selbst Persönlichkeiten wie Andrea Schivo, ein Gefängniswärter, der als Gerechter unter den Völkern geehrt wurde, entschieden sich für den Widerstand gegen das nazifaschistische Regime, oft auf Kosten ihres eigenen Lebens.
San Vittore-Gefängnis, Mailand
Das San-Vittore-Gefängnis in Mailand, das auf dem ehemaligen Kapuzinerkloster San Vittore agli Olmi errichtet wurde, spielte während der faschistischen Besatzung (September 1943 – April 1945) eine zentrale Rolle bei der politischen Unterdrückung und der Deportation in die Konzentrationslager der Nazis. An der Piazza Filangieri gelegen, wurde sie zu einem der wichtigsten Haftorte für politische Gefangene, Partisanen, Streikende und Juden, die für die Vernichtungslager bestimmt waren. Nach der deutschen Besetzung am 12. September 1943 beschlagnahmte die SS drei Trakte des Gefängnisses: Trakt IV und VI für politische Gefangene und Trakt V, der so genannte „verfluchte Trakt“, für Juden. San Vittore wurde zu einem regionalen Konzentrationslager, in dem die in Mailand, in benachbarten Städten wie Genua und Turin oder an der Schweizer Grenze verhafteten Juden gesammelt wurden. Von hier aus gingen die Transporte in die Nazilager oder in die Durchgangslager von Fossoli und Bozen. Die Leiter des deutschen Teils des Gefängnisses waren Helmuth Klemm, dann Leander Klimsa und schließlich Franz Staltmayer, der wegen seiner Brutalität den Spitznamen „die Bestie“ erhielt. Staltmayer ging mit einer Peitsche bewaffnet und in Begleitung eines Wolfshundes, den er auf die Insassen hetzte, durch die verschiedenen Trakte. Neben der SS arbeiteten auch italienische Agenten wie Manlio Melli und Dante Colombo vom Ufficio politico investigativo (Politischen Untersuchungsamt) der Guardia Nazionale Repubblicana (Republikanischen Nationalgarde), die die Verhafteten folterten und misshandelten. Die in San Vittore inhaftierten Juden wurden zunächst in eiskalten Zellen im obersten Stockwerk des 4. Trakts eingesperrt. Es bildete sich im Winter 1943-44 dort auch Eis auf dem Boden. Als die Zahl der Verhaftungen zunahm, wurden sie in den Trakt V verlegt, zu jeweils zwanzig Personen in bereits überfüllte Gemeinsschaftszellen. Die Lebensbedingungen waren dramatisch: den Juden wurden die wenigen Rechte verweigert, die anderen Häftlingen zugestanden wurden, wie z. B. Freigang, medizinische Versorgung und die Möglichkeit, Pakete oder Briefe zu erhalten. Die Verhöre, die oft im „Refektorium“ im Erdgeschoss stattfanden, beinhalteten physische und psychische Gewalt, um Informationen über versteckte Verwandte zu erpressen. Fünfzehn Transporte in die Vernichtungslager gingen vom Gefängnis San Vittore aus. Der erste nach Auschwitz erfolgte am 6. Dezember 1943 und der letzte nach Bozen am 15. Januar 1945. Viele Arbeiter aus dem Industriegebiet von Sesto San Giovanni wurden aus politischen Gründen deportiert. Auch Persönlichkeiten wie Liliana Segre und ihr Vater Alberto durchliefen San Vittore, bevor sie nach Auschwitz deportiert wurden. Trotz der harten Bedingungen fehlte es nicht an Episoden der Solidarität und des Widerstands. Schwester Enrichetta Alfieri, die den Spitznamen „Engel von San Vittore“ trug, half politischen Gefangenen und Juden, indem sie als Verbindungsglied zur Außenwelt fungierte und die Flucht ermöglichte. Auch Ärzte wie Gatti und Giardina retteten Insassen vor der Deportation. Während des Aufstands vom 25. April 1945 kam es im Gefängnis zu einem Aufstand der politischen Gefangenen, der dank der Partisanen der Matteotti-Brigaden mit der Freilassung der Gefangenen endete. San Vittore war Schauplatz unzähliger Grausamkeiten, aber auch von außergewöhnlicher Menschlichkeit. Die Insassen zeigten sich trotz aller Schwierigkeiten solidarisch mit den Juden, die für die Konzentrationslager bestimmt waren, wie sich Liliana Segre erinnert: „Die Insassen, die uns gehen sahen, begrüßten uns, indem sie uns das Wenige, das sie hatten, zuwarfen: Orangen, Äpfel, ein paar Schals und vor allem ihren Segen“. Selbst Persönlichkeiten wie Andrea Schivo, ein Gefängniswärter, der als Gerechter unter den Völkern geehrt wurde, entschieden sich für den Widerstand gegen das nazifaschistische Regime, oft auf Kosten ihres eigenen Lebens.